Kunst-am-Bau, nicht realisiert, 2013
Deutsch-Schweizerische Gemeinschaftszollanlage,
Weil am Rhein/DE, Basel/CH
Standort und Ausgangslage:
Augenblicke, in denen sich Grenzen offenbaren und wir diese überschreiten, bleiben uns oft lebhaft in Erinnerung. Dies obwohl sie meist nur flüchtige Momente auf einer längeren Reise darstellen. Es sind Erinnerungen an Orte, die nicht zum Verweilen einladen. Orte des Transits, wo das einzige Ziel die Weiterfahrt ist.
Im Transportwesen verhält es sich nicht anders. Da begründen Zollstationen strategische Wegpunkte. Orte, an denen auch Kunst täglich Grenzen überschreitet – als reine Ware. Säuberlich abgepackt in Kisten verschweigen Kunstwerke aber, dass sie selbst Mittel zum Transport sein können, die uns von einem Geisteszustand in den anderen versetzen, um mentale Grenzen zu überqueren.
Eine spannende Ausgangssituation für ein ortsspezifisches Kunstwerk. Insofern möchten wir ein Werk vorschlagen, das sich dieser Gegebenheit besinnt und sich in seiner Form nicht offenkundig als Kunst aufdrängt, sondern als etwas, das wir vielmehr als reine Ware erblicken und tagtäglich – von uns unbemerkt, aber vom Zoll erfasst – in Lastwagen verstaut Grenzen überschreitet.
Projektidee:
Wir schlagen vor eine überdimensionale winkende Katze, die wir vornehmlich aus asiatischen Restaurants kennen, auf einem Sockel im Park zu installieren. Die Skulptur soll drei Meter hoch sein.
Die nicht zu übersehende Katze soll einerseits einen deutlichen Kontrapunkt zu der funktionalen und reduzierten architektonischen Sprache der Zollstation darstellen. Anderseits setzt das weitverbreitete Sujet der winkenden Katze – intuitiv irgendwo zwischen Kitsch und spiritueller Praxis einzuordnen – beispielhaft zwei Grössen in Beziehung, die sich in massenproduzierten Produkten immer weiter voneinander entfernen: Geist und Materie.
Der Glauben an die Kräfte der winkenden Katze entspringt einer japanischen Erzählung aus dem 17. Jahrhundert. Ein wohlhabender Fürst, der in einem gewaltigen Unwetter Unterschlupf unter einem Baum suchte, wurde von einer winkenden Katze (japanisch: Maneki Neko) in einen Tempel gelockt. Als er den Tempel erreichte, sah er, wie ein mächtiger Blitz in den Baum einschlug, der ihm kurz zuvor noch Schutz bot. Seither ist die winkende Katze ein Symbol für Glück und Reichtum, speziell für Menschen auf der Durchreise und fehlt in Japan auch in keinem Geschäft oder Haushalt. Als Massenprodukt, welches aus Asien überall in die Welt exportiert wird, behält es den Verweis auf seine Herkunft. Gleichzeitig vermittelt ein Massenprodukt auch eine gewisse Unpersönlichkeit.
Eine winkende Katze in Übergrösse erwartet niemand an einem Zoll. Denn so leicht lässt sich die einfache Katze nicht vergessen, die jedem Glück für die Weiterreise zuwinkt. Vorausgesetzt, man ist ihr nicht schon früher begegnet, dann ist die Erwartung gross, die Katze wiederzusehen. Eine Segnung schadet keiner einsamen Weiterreise durch die graue Monotonie der Autobahnen, so viel steht fest. Tag und Nacht wird sie auf dem Platz stehen und ihren Arm, angetrieben von einem kleinen Motor, unermüdlich auf und ab bewegen. Sollten ausnahmsweise keine Lastwagen im Minutentakt durchrasen wird die Katze trotzdem entschlossen weiterwinken.
Jeder Grenzübergang bleibt ein Schnittpunkt von verschiedenen Realitäten und provoziert geradezu unerwartete Begegnungen – in diesem Fall gar mit einer winkenden Katze. Von da an nimmt alles seinen Lauf: aus Begegnung wird Erfahrung und aus Erfahrung wird Erinnerung, die uns zeitweilig oder ein Leben lang begleitet. Die winkende Katze am Zoll wird so selbst zum Souvenir – und als Gedanken in den Köpfen von Tausenden von LKW-Fahrern in die Welt hinausgetragen.
Das vorgeschlagene Kunstwerk erklärt den Zoll zum Ort der Begegnung. Vorbeifahrende, wie auch wartende LKW-Fahrer kommen gleichermassen in Kontakt mit einer isolierten Geste, die schlichter nicht sein könnte: das Winken. Eine Geste, die universell verwendet wird, jedoch je nach Kulturkreis als Begrüssung oder Verabschieden verstanden wird. Zwei Interpretationen die verschiedener nicht sein könnten. Gleichzeitig kann es sinnbildlich für einen Zoll nichts Passenderes geben, welcher das Abfertigungsverfahren derart optimiert, dass das Begrüssen und Verabschieden nahezu zeitlich zusammenfallen.